Weltraumtechnik fur die Umwelt

 

 

Das Buch Weltraumtechnik für die Umwelt ist vergriffen. Mit einer überarbeiteten und erweiterten Neuauflage will der Autor im Laufe des Jahres 2001 ins Internet gehen. Bis es so weit ist, sollen das Vorwort und die Einfurhrung zu dieser Schrift sowie das anschließende Inhaltverzeichnis Interessenten die übersichtliche Information bieten.

V o r w o r t

Unsere Zeit ist arm an Visionen - an begeisternden Visionen, für die viele ihre Schaffenskraft einsetzen möchten. Freilich ist die Grenze zwischen Traumbild und realisierbarer Vision unscharf. Traumbilder - von virtueller Wirklichkeit bis zu Raumschiff Enterprise - gibt es übergenug, aber keine Ziele, die erreichbar wären und echte Probleme lösen würden. Statt dessen haben wir eher zur Inaktivität verleitende Zukunftsbeschreibungen, die freilich gut mit Wunschvorstellungen der Trägen und Furchtsamen harmonieren. Deutschland ist vielleicht Weltmeister in der neuen Disziplin "Wirklichkeitsflucht".

Im Kontrast dazu und so gar nicht dem Zeitgeist angepaßt, wagt nun Hans Barth, Raumfahrt und Weltraumtechnik als die große Aufgabe darzustellen. Logisch entwickelt er Chancen und Möglichkeiten kommenden Bedrohungen, Gefahren und Engpässen zu begegnen. Er zeigt, wie Raumfahrt helfend eingreifen kann - wenn wir das Handwerkszeug weiterentwickeln vom letzten Stand, den wir Ziolkowski, Oberth, Wernher von Braun und Koroljow verdanken, neben einem Heer begeisterter, inspirierter und auch inspirierender Helfer. Wir dürfen auf unserem Planeten nicht ausruhen, sondern müssen das Werk in die Zukunft hinein fortführen.

Dabei scheint es mir besonders wichtig zu sein, daß Oberths Sicht von den ersten Schritten der Raumfahrt bis weit über unsere Zeit hinaus reicht. Und so ist es auch ganz gewiß kein Zufall, daß der Autor sich umfassend und gründlich, aber auch mit seinem Herzen und seiner Liebe mit Oberth, dem Menschen, seinem Werk und Wirken befaßt hat. (Hans Barth: Hermann Oberth. Begründer der Weltraumfahrt)

Er setzt das nun gleichsam fort in eine Zukunft hinein, in der Oberths Fernsicht unscharf werden mußte. Das wieder "scharfe Bild" zeigt dieses Buch. Kühnheit, Visionen, den Brückenschlag von gestern über heute nach morgen und übermorgen - das alles entwickelt Hans Barth umfassend und klar und verständlich. Mit kräftigen Strichen zeichnet er vor, wie es denn weitergehen kann, wenn wir die Aufgaben anpacken. Grundzüge der Lösungen zeigt er auf, doch die Verwirklichung fordert begeisterte Zusammenarbeit vieler.

Hier schließt sich der Kreis: Dieser Enthusiasmus kann nur von der gemeinsamen Einsicht in die Notwendigkeiten getragen und erhalten werden. Dabei zu helfen - das scheint mir das überragende Ziel dieses Werkes zu sein, neben der großen, ja übergroßen Fülle von Detailwissen, das vermittelt wird, und zwar nicht nur auf den Feldern der Raumfahrtwissenschaften, sondern weitgehend multidisziplinär: zu den brennenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen unserer Zeit und den existentiellen Zukunftsfragen der Menschheit über das breite Spektrum der Ökologie und Klimatologie bis hin zu den evolutionären, sozialen, politischen, kulturellen und philosophischen Aspekten des Aufbruchs in die grenzenlose Dimension des Weltraums. Fürwahr: Ein Universalist ist hier am Werk!

Grundsätzlich stimme ich dem Verfasser aus vollem Herzen zu, daß wir keinen objektiven Grund haben, uns vor der Zukunft zu fürchten. Im Gegenteil, der Drang zur weiteren Verbesserung kann ungebrochen weiter leben, wenn der rechte Geist erhalten oder nötigenfalls auch wiedererweckt werden kann. Das ist eine Aufgabe für uns alle, die wir so denken. Kollege Barth hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, nämlich diese Ausarbeitung - ich wünsche vollen Erfolg, natürlich! Der Erfolg mag nachhaltig sein - Hermann Oberths Hauptwerk "Wege zur Raumschiffahrt" (1929) ist wieder ein gutes Beispiel. Ich will nicht der Hybris verfallen und das vorliegende Buch neben das Oberthsche Pionierwerk stellen - aber: Eine geistig-ideelle Weiterführung für das nächste Jahrtausend ist es durchaus!

Harry O. Ruppe

E i n f u h r u n g

Wir Deutschen sind ein Fall für den Psychologen.

Ein Beispiel von vielen: Kaum noch ein Land lebt so gut und beinahe ausschließlich von der Technik, und trotzdem ist Technikfeindlichkeit hierzulande so verbreitet wie kaum noch woanders. Wir sind eine schizophrene Gesellschaft geworden, die einerseits gierig nach allem greift, was Technik bietet, andererseits aber eine Aversion gegen Technik entwickelt, die für viele sogar "in" ist. Das mag zwar auch etwas mit der typisch deutschen Radikalität zu tun haben - aber nicht nur. Ein weiterer Grund liegt wohl auch darin, daß zum einen die, die das große Sagen haben, viel zu wenig von Technik verstehen und daß zum anderen diejenigen, die Technik gestalten, nicht an die Öffentlichkeit gehen, um Sinn und Zweck ihrer wissenschaftlichen und technologischen Neuschöpfungen zu erklären.

Die Weltraumtechnik trifft dies besonders hart. Paradoxerweise. Denn die Raumfahrt ist schließlich eine deutsche Erfindung, sie gehört zu den deutschen Pioniertaten. Hermann Oberth und andere Frühpioniere schufen die technisch-wissenschaftlichen Grundlagen und Wernher von Braun und seine Peenemünder bestimmten das weltraumtechnische Geschehen bis hin zu den erfolgreichen Landungen auf dem Mond. Die Deutschen hätten somit allen Grund, auf große raumfahrttechnische Unternehmungen zumindest so stolz zu sein, als wenn die Steffi und der Boris irgendwo ein weiteres Tennis-Turnier gewinnen.

Zugegeben: Es ist dies nicht nur ein deutsches Phänomen. Die Raumfahrt befindet sich weltweit, aber in Deutschland und Europa in besonderem Maße, in einer schwerwiegenden Krise. Diese Krise erschöpft sich nicht allein in den finanziellen Einschränkungen, denen sie zusehends unterworfen ist. Es handelt sich vielmehr um einen weitgehenden Verlust an gesellschaftlicher Akzeptanz und an überzeugenden Zielsetzungen. Die Krise der Raumfahrt ist daher weniger eine Finanzkrise als vielmehr eine Orientierungskrise. Sie ist Teil einer Technikfeindlichkeit, die ihre gesellschaftlichen Hintergründe hat - unter anderem auch eine einseitige, unausgewogene und emotionalisierte Information. Dies wird aber auch von den Raumfahrtexperten gefördert, die den Kontakt zur Außenwelt verloren haben, die nicht erklären können und gelegentlich auch nicht erklären wollen, was ihre Forschungen und Entwicklungen bezwecken und welche Folgen diese für Menschen und Umwelt haben könnten. Es fehlt an Männern wie Wernher von Braun und Serghei P. Koroljow, mit ihrem Charisma und Können, ihrer Fähigkeit und ihrem Durchsetzungsvermögen, ihrer Praxisnähe und Ausstrahlung. Denn sowohl in den Raumfahrtbehörden als auch in den zuständigen Ministerien und Unternehmen sitzen meistens "Beamtentypen" oder Manager, die ihre Kräfte im Kampf um die Finanzen verzehren, so daß für die Gedanken um Ziele und Strategien kaum noch Zeit bleibt.

Zweifellos aber rührt die gegenwärtige Krise der Weltraumtechnik auch daher, daß - wie Krafft A. Ehricke es treffend formulierte - "neben den Nützlichkeitserwägungen dieser Wissenschaft nicht auch ihre Philosophie und Ethik" entwickelt wurde. Man müsse zwar realistisch sein und bleiben, "aber es gibt eine falsche Art von Realismus, eine ängstliche und statische, die dem Menschen einreden will, daß er um des bloßen Überlebens willen lebt..." Was wir jedoch bräuchten, so Ehricke weiter, "ist eine andere Art von Realismus, einen Realismus der Vision, den Realismus eines Kolumbus, eines Benjamin Franklin, eines Albert Einstein, den Realismus eines Konstantin Ziolkowski und eines Hermann Oberth!" [42, 43]

Und damit eng verbunden: Vielleicht rührt diese Krise zum Teil auch daher, daß diejenigen, die Raumfahrt gestalten, nahezu ausschließlich nur noch pragmatisch argumentieren, und damit die Faszination der Visionen außer Kraft setzen. Während beispielsweise die Kosmologie mit ihren Modellen und Visionen vom Anfang der Welt und den Kräften, die "die Welt zusammenhalten", breite Leserkreise fasziniert - obwohl auch diese keinen "Aufschwung" bringen -, so beschränkt man sich in der Raumfahrtwerbung aufs Utilitäre, auf den Sofort-Nutzen, ohne Visionen und Ideale zu stiften, ohne auch die kulturelle, ethische und philosophische Dimension des Unterfangens anzusprechen. Dabei zeigt doch gerade auch die Geschichte der Raumfahrt, daß Visionen selbst in Zeiten, wo es wirtschaftlich schlecht läuft, ihre "Anziehungskraft" nicht verlieren. Als Hermann Oberth mit seinem kleinen Team 1929/30 in Berlin die ersten Raketenversuche unternahm und mit Fritz Lang "Die Frau im Mond" drehte, grassierte in Deutschland und in der Welt die größte Wirtschaftskrise aller Zeiten. Und dennoch gab es Begeisterung, und es fand statt, was die Historiker heute als die "ersten Anfänge" der Raumfahrt bezeichnen.

In der Entwicklung der Weltraumtechnik wird man dereinst (vom Standpunkt des öffentlichen Interesses) zwei Phasen unterscheiden: 1. die der Bewunderung und 2. die des Nutzens für die Menschheit.

Die weltweite Begeisterung der Anfangsjahre galt wohl dem Außerordentlichen und Spektakulären, die den Einzug eines neuen technischen Zeitalters seit jeher begleitet haben. Die ausgelöste Bewunderung galt dem eigenen Wissen und Können, menschlichem Wagemut und technischer Perfektion, die in der Weltraumtechnik auf eine derart eklatante Weise zur Vorführung gelangen. Für die Phase, die mit dem Sputnik begann und mit Apollo endete, war zweifellos das nationale Prestige der Raumfahrt betreibenden Staaten die ausschlaggebende Triebkraft.

In der zweiten Phase, die mit den Nachrichtensatelliten und Raumstationen eingeleitet wurde, wird die Frage nach dem Nutzen im Vordergrund stehen. Die Frage: Ist Weltraumtechnik mo-ralisch vertretbar, kulturell sinnvoll und wirtschaftlich notwending? muß neu überdacht und auch für den Nichtfachmann überzeugend beantwortet werden. In allen futurologischen Untersuchungen und Zukunftsprognosen, die wie Pilze aus dem Boden schießen, werden die Grenzen unseres terrestrischen Daseins (Energie, Rohstoffe, Umwelt, Nahrung und Überbevölkerung) aufgezeigt, jedoch die wenigsten Autoren bekräftigen, daß Weltraumaktivitäten dazu keineswegs in Widerspruch stehen, sondern, ganz im Gegenteil, daß Weltraumtechnik auf alle Kardinalfragen unserer Gegenwart und Zukunft eine Antwort oder Teilantwort anzubieten hat.

Die Vernunftkrise der heutigen Welt wird, paradoxerweise, schon eher bei den etwa 25 Mrd. US-$ gesucht, die für Mondlandungen ausgegeben wurden (während Millionen Menschen hungern), als vielmehr in dem unrühmlichen Umstand, daß in einem einzigen Jahr weltweit über 900 Mrd. US-$ für Rüstungszwecke vergeudet werden. Dabei ist die Lösung, die es zu treffen gälte, schon von den Frühpionieren der Astronautik wiederholt angedeutet worden. Bereits um die Jahrhundertwende hatte K. E. Ziolkowski prophezeit: "Die Menschheit wird nicht ewig auf der Erde bleiben, sondern, im Jagen nach Licht und Raum, zunächst zaghaft über die Grenzen der Atmosphäre vordringen und sich dann den ganzen Raum rings um die Sonne zu eigen machen." Hermann Oberth verlieh diesem Gedanken dann die Aussagekraft des überzeugten Wissenschaftlers: "Wir sind nicht mehr geneigt, die Grenzen unserer irdischen Biosphäre als Grenzen unserer Existenz anzuerkennen."

Diese Erkenntnis wird heute noch weitgehend abgelehnt. Die Weltraumidee durchläuft gegenwärtig eine philosophische Krise. Was bis vor kurzem geleistet wurde, war bekanntlich meist nur ein Nebenprodukt militärischer Entwicklungen oder aber ein Eitelkeitsprodukt der untereinander rivalisierenden Großmächte. Der jetzt anstehende "große Durchbruch" setzt jedoch andere Denkkategorien und Zielvorstellungen voraus. Diese Voraussetzungen müssen in einem neuen kräftigen Ansatz aufklärerischer Arbeit geschaffen werden. Die wirtschaftliche, die politische, die evolutionäre, die kulturelle und die philosopische Dimension des Raumzeitalters müssen für die weltweite Öffentlichkeit neu definiert und mit aller Deutlichkeit dargelegt werden.

In diesem Sinne hatte ich bereits 1977 [15] und 1981 dann in Das Raumzeitalter [8] folgende fünf Thesen aufgestellt :

1. Die wirtschaftliche Erschließung des Weltraums ist eine existenzielle Notwendigkeit. Weltraumtechnik und Weltraumproduktion bieten die Überlebenschance für die energiehungrige, rohstoffarme, nahrungsbedürftige und umweltbelastete Erde von morgen (Die wirtschaftliche Dimension der Raumfahrt).

2. Einigkeit und Frieden auf Erden kommen über den Weltraum. Sie erwachsen aus der zwingenden Gemeinsamkeit der Aufgabe, den Weltraum als neuen Lebensraum zu erschließen (Die politische Funktion der Raumfahrt).

3. Die Raumfahrt ist ein gewaltiger Evolutionssprung, der nur noch vergleichbar ist mit dem Schritt aus dem Wasser ans Land und mit der Erfindung des Feuers durch den Steinzeitmenschen (Die evolutionäre Dimension der Raumfahrt).

4. Raumfahrt ist eine Komponente menschlichen Kulturbedüfnisses; jener Qualität also, die uns grundsätzlich abhebt von der Kondition des Urwaldmenschen (Die kulturelle Funktion der Raumfahrt).

5. Raumfahrt bedeutet eine neue Dimension menschlichen Denkens und Wirkens. Sie ist der Aufbruch aus einem begrenzten Planetenraum in die Größe und Weite der Weltenräume (Die philosophische Dimension der Raumfahrt).

In einer gesamtfuturologischen Analyse wurden diese Prämissen belegt und Prioritäten für die Weiterentwicklung der Weltraumtechnik angedeutet [8]. In dieser Schrift aber will ich mich hauptsächlich auf die ökologischen Leistungsaspekte der Weltraumtechnik konzentrieren. Da ich unter dem Begriff Umwelt jedoch weitaus mehr verstehe als z. B. heutige "Grüne", nämlich auch die soziale Umwelt - mit ihren gesellschaftlichen und kulturellen Komponenten -, werden die übrigen Wirkungskomponenten und Wechselwirkungen natürlich nicht übersehen, wenn auch nur zusammenfassend beleuchtet.

Seit der Veröffentlichung meiner ersten Arbeiten zum Thema Weltraumtechnik für die Umwelt [11, 15, 16] sind zwar schon etliche Jahre ins Land gezogen, doch an ihrer Aktualität hat sich kaum etwas geändert. Ganz im Gegenteil. Die weitverbreitete Angst vor anthropogenen Umweltgefahren, wie Treibhauseffekt, Klimakatastrophen und Ozonloch haben die ökologische Themen brandaktuell gemacht. Es ist daher an der Zeit zu zeigen, welche umwelttechnischen Möglichkeiten und Potentiale die Weltraumtechnik anzubieten hat, inwiefern und inwieweit diese Technologie die tropischen Regenwälder (wenn es sein muß) ersetzen, das Ozonloch zustopfen und ein Treibhaus Erde vermeiden helfen kann.

Im ersten Kapitel werden die drei Umweltsphären, um die es uns geht (die natürliche, die technische und die soziale), definiert und die wissenschaflichen Grundlagen für die anschließenden Themenerörterungen zusammengefaßt. Wie Erde und Weltraum zusammenwachsen und welche zusätzlichen Regelkreise für unsere Umwelt dadurch entstehen, wird in Kapitel 2 dokumentiert. Daß es bereits eine Vielzahl weltraumtechnischer Anwendungen gibt, die der Umweltforschung, der Umweltüberwachung und -kontrolle dienen (ohne die wir heute noch nicht wüßten, daß wir ein Ozonproblem haben), wird in Kapitel 3 gleich vorweg aufgezeigt. Die beiden anschließenden Kapitel 4 und 5 ("Weltraumproduktion und Umwelt" und "Energie aus dem All") führen uns dann in die unmittelbare "Umwelttechnik aus dem All" ein; sie zeigen umweltrelevante Lösungsmöglichkeiten und Potentiale, deren Nutzung unsere Umwelt entlasten kann. Auf die Erörterung dieser indirekten Umweltleistungen aus dem All folgt sodann das Schwerpunktkapitel dieses Buches "Weltraumspiegel für die Umwelt". Es umfaßt neben eingehenden Diskussionen zum jeweiligen Umweltaspekt (Minderung der CO2-Emissionen, Ozonabbau, Vernichtung der Regenwälder, Klima und Wetter, Naturkatastrophen, neue Eiszeiten usw.) konkrete Vorschläge für umweltgerechte Lösungen. Was darauf in Kapitel 7 ("Eine Sonne für danach") besprochen wird, hat mehr oder weniger den Charakter einer technisch-wissenschaftlichen Vision: Ein Teil der heute verlorengehenden Solarstrahlung soll in Form von Antimaterie-Energie gespeichert werden, um dann in späteren Zeiten für verschiedene Nutzanwendungen vorrätig zu sein. Die heute von allen Umweltbewegungen vernachlässigte "soziale Umweltsphäre" mit ihren gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und philosophischen Komponenten beschäftigt uns in den Kapiteln 8 bis 12.

Ich lege großen Wert darauf, die Diskussion über den Nutzen der Weltraumtecnik nicht allein auf die technologischen und ökonomischen Argumente einzuengen. Denn Weltraumtechnik bedeutet weitaus mehr: eine neue Dimension menschlichen Denkens und Wirkens, Kulturbedürfnis und Kulturpflicht, neuer Evolutionssprung, Friedensförderung und Friedenssicherung, neue gesellschaftliche Umwelten - auf der Erde selbst und darüber hinaus. Die heutige Krise der Raumfahrt hat mit Sicherheit auch sehr viel damit zu tun, daß diese Aspekte - sowohl für die politischen Entscheidungsträger als auch für die breite Öffentlichkeit - nicht genügend deutlich dargestellt wurden. Was um so nötiger gewesen wäre, als auf diesem Feld, auf dem es oft oder gar meistens darum geht, Leistungen zu erbringen, die erst nachfolgenden Generationen ("Generationsvertrag") zugute kommen, sehr langfristiges Denken und Handeln abverlangt werden. Eine ganzheitliche Betrachtung des Phänomens Raumfahrt ist daher schon längst fällig.

Wir machen natürlich kein Hehl daraus, daß der Leser bei der Lektüre dieses Buches auf so manches stoßen dürfte, was ihm (beim heutigen Erkenntnisstand und den heutigen Technolo-gien) noch als Zukunftsvision oder gar als Science Fiction erscheinen mag. In ganz wenigen Fällen trifft dies sogar zu. Doch die Geschichte der Wissenschaft und Technik, der Geistesge-schichte überhaupt, kennt unzählige Beispiele dafür, daß wissenschaftliche Intuition und wissenschaftliche Utopien für die späteren naturwissenschaftlichen Entdeckungen und/oder technischen Erfindungen schon immer etwa das bedeutet haben, was die sprichwärtliche Schwalbe, die ihrem aus dem Süden kommenden Schwarm vorauseilt, für die neue Jahreszeit bedeutet: Allein kann sie freilich noch keinen Sommer machen, aber - sie kündigt sein Herannahen unmißverständlich an!

 

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Zum Geleit

Einführung

1 Umwelt ist mehr als Ökologie 12

1.1 Die natürliche Umwelt 14

1.1.1 Die Wärmebilanz des Planeten Erde 15

1.1.2 Der Wasserhaushalt der Erde 17

1.1.3 Klimaentwicklung: Faktoren und Prozesse 18

1.2 Die technische Umwelt 21

1.2.1 Klimarelevante Spurengase (Treibhauseffekt) 21

1.2.2 Umweltfreundliche Investitionsstrategien 24

1.3 Die soziale Umwelt 25

2 Erde und Weltraum wachsen zusammen 27

3 Umweltbezogene Anwendungen der Weltraumtechnik 31

3.1 Fernerkundung für die Umwelt 31

3.2 Globale Umweltüberwachung 33

3.3 Katastrophenvorhersage 34

3.4 Satelliten entdecken das Ozonloch 35

3.5 Ozeanforschung aus dem All 36

3.6 Wettersatelliten 36

3.7 Lotsen aus dem All 37

3.8 Artenschutz und Kartierung 38

3.9 Information und Kommunikation 39

4 Weltraumproduktion und Umwelt 40

4.1 Der Extraterrestrische Imperativ 41

4.1.1 Das Bevölkerungsproblem 42

4.1.2 Die Nahrungsmittelproduktion 44

4.1.3 Die Rohstofflage 44

4.1.4 Die ökologische Grenze 45

4.2 Der sechste Kondratieff - die Weltraumtechnik? 46

4.3 Produktion im Weltall 47

4.3.1 Produktion im erdnahen Weltraum 49

4.3.2 Mondindustrie und Mondsiedlungen 51

4.3.3 Informationsdienste aus dem All 54

5 Energie aus dem Weltraum 56

5.1 Weltweiter Energiehunger 58

5.2 Extraterrestrische Sonnenenergie 62

5.2.1 Energiesatelliten im Erdorbit 64

5.2.2 Unterstützung der terrestrischen Sonnenkraftwerke aus dem Weltraum 67

5.3 Kernkraftwerke im Weltraum 68

5.4 Zusammenfassung und Ausblick 70

6 Weltraumspiegel für die Umwelt 72

6.1 Die ersten Entwürfe und Anwendungsvorschläge der Raumfahrtpioniere 74

6.2 Aufbau der Weltraumspiegelsysteme 76

6.3 Umweltrelevante Anwendungen der

Lichtspiegeltechnik 81

6.3.1 Das gefürchtete Ozonloch 81

6.3.2 Lichtspiegeltechnik gegen Treibhauseffekt 90

6.3.3 Steigerung der Photosynthese 94

6.3.4 Wetterbildung und Klimaentwicklung 99

6.3.5 Die Regenwälder aus dem All 108

6.3.6 Katastrophenschutz 113

6.3.7 Verhütung neuer Eiszeiten 117

6.3.8 Marskolonisation 119

6.3.9 Wenn die Erde einmal kippen sollte 123

6.4 Zusammenfassung und Ausblick 124

7 Eine Sonne für danach 127

7.1 Energiedichte und Produktion von Antimaterie 129

7.2 Antimaterie-Fabriken im Weltraum 130

7.3 Anwendungen 132

7.3.1 Künstliche Sonnen 133

7.3.2 Vermeidung neuer Eiszeiten 135

7.3.3 Kunstsonnen für die Marsbewohner 135

7.3.4 Großmonde der äußeren Planeten 135

7.3.5 Kunstsonnen für die Erde 136

7.3.6 Schutz vor dem Roten Riesen 137

7.3.7 Schutz vor Meteoriteneinschlägen 138

7.4 Die Zukunft des Wasserstoffs 139

8 Die soziale Umwelt 143

8.1 Satellitentechnik: Schrittmacher und Standbein der Informationsgesellschaft 143

8.2 Kommunikationsmobilität schafft neue Arbeitswelten und Lebensqualitäten 144

8.3 Bildung und Information für Entwicklungsländer 147

8.4 Umweltfaktor Arbeitslosigkeit 150

8.4.1 Die neue "Arbeiterklasse": Nutzen und Probleme! 150

8.4.2 Infrastrukturaufgabe Weltraumtechnik 153

8.4.3 Arbeit und Dienstleistung neu definieren 154

8.4.4 Schöpfertum gewinnt immer höheren Stellenwert 156

8.5 Wertewandel: vom egoistischen Ich zum

gemeinnützigen Wir 159

9 Die evolutionäre Dimension 161

9.1 Die materielle Evolution 162

9.2 Die biologische Evolution 163

9.3 Die kulturelle Evolution 165

9.4 Die kosmische Evolution 166

9.4.1 Ausbreitung in unserem Sonnensystem 166

9.4.2 Aufbruch in andere Welten 168

10 Die politische Umwelt 171

10.1 Weltraumstation ISS mit Pilotfunktion 171

10.2 Deutschland im internationalen Vergleich 173

10.3 Weltraumtechnik kann Wehrtechnik ersetzen 174

10.4 Die Kluft zwischen Arm und Reich 176

10.5 Schrankenloser Technologietransfer 177

10.6 Vermehrung des Welteigentums 179

10.7 Überwindung des Generationsegoismus 180

10.8 Neues Denken und "Weltraumbewußtsein" 182

11 Die kulturelle Umwelt 184

11.1 Exponentielle Erkenntnisentwicklung 186

11.2 Persönlichkeitsentwicklung: Aus der "Leonardo-Welt" in die "Oberth-Welt" 188

11.3 Die Kluft zwischen Wissen und Vernunft 190

11.4 Utilitäres und transutilitäres Wissen 191

11.5 "Hinüberrettung" der menschlichen Kultur 193

12 Die philosophische Dimension 196

12.1 Von der Ökosphäre zum Ökokosmos 197

12.2 Die Perspektive der Unendlichkeit 199

12.3 Endlich oder unendlich? oder Die Grenze der kosmologischen Erkenntnis 201

12.4 Das "Ding an sich" wäre dann der Mensch selbst 204

12.5 Weltraumtechnik erzeugt Negentropie 206

Nachwort 214

Anfang

1. Umweltbelastung

2. Die Wärmebilanz der Erde

3. Die Kreislaufbilanz des Wassers

4. Umweltfreundliche Investitionsstrategien

5. Die Lichtspiegelgröße im Orbit

6. Antimaterie-Erzeugung mit Lasern

7. Antimaterie-Fabrik auf dem Merkur

8. Negentropischer Wirkungsgrad

9. Verzeichnis der Abkürzungen

10. Literaturverzeichnis

11. Stichwortregister

12. Personenregister

Barth, Hans: Weltraumtechnik fur die Umwelt. Umweltsatelliten; Weltraumenergie, Katastrophenschutz, Klima und Wetter, Marsäkologie, Kunstliche Sonnen, Soziale Umwelt. Mit einem Vorwort von Harry O. Ruppe. Bechtle Verlag, Munchen/Esslingen 1997

Das Buch wird vom Verlag und/oder dem Autor auf Wunsch an interessierte Fachleser ausgeliehen.